Blue-Line bei unterschiedlichen Hunderassen

American Staffordshire Terrier in blau

In den vergangenen Jahren haben meine Mitarbeiterinnen und ich eine deutliche Zunahme von blauen Hunden in der Praxis beobachtet. Dieser Trend ist meiner Ansicht nach tendenziell eher gefährlich - denn „blau“ ist nicht gleich „blau“.

 

Als „silber“ oder „blau“ wird ein mausgraues bis anthrazitfarbenes Fell bezeichnet. Die

 

FCI (Fédération Cynologique International = Internationale Weltorganisation der Kynologie) hat für jede Rasse einen Rassestandard vorgeschrieben, welcher auch die erlaubten Farben der Hunde festlegt. Diese erlaubten Farben, auch Farbstandards genannt, haben teilweise eine sehr lange Tradition. Beim Labrador Retriever z.B. sind folgende Farben erlaubt: schwarz, schokobraun und gelb. In der jüngeren Zeit wurde besonders in Amerika beim Labrador ein Dilutionsgen eingezüchtet, welches die bestehenden Farben verdünnt (Dilution heißt Verdünnung), dann wird aus schwarz charcoal, aus gelb wird champagner und aus schokobraun wird silber. Leider ist das Dilutionsgen häufig mit gesundheitlichen Risiken oder Beeinträchtigungen verbunden, z.B. einer sehr häufig kompliziert verlaufenden Krankheit namens CDA (Color Dilution Alopecia = Farbverdünnungs-Haarverlust). Die betroffenen Tiere leiden anfangs noch nicht unter Juckreiz, dem Besitzer fällt nur ein schütter werdendes Fell an der Rückseite der Ohren, an den Flanken ein- oder beidseitig sowie den caudalen Partien der Gliedmaßen auf. In der Folge entwickelt der Hund häufig Entzündungen der Haut, die dann heftig jucken können, sowie eine übermäßige Schuppenbildung. Eine symptomatische Therapie lindert die Probleme häufig nur kurzfristig, eine Heilung ist (bisher) nicht möglich.

 

Natürlich gibt es auch Hunderassen, bei denen eine blaue oder silberne Fellfärbung keine Probleme verursacht, z.B. der Weimaraner in Kurz- oder Langhaar oder die Deutsche Dogge. Bei diesen Rassen ist das Dilutionsgen natürlich vorkommend.

 

Zur CDA läuft eine Studie an der Universität Bern unter der Federführung von Prof. Dr. Tosso Leeb, um die Zusammenhänge zwischen (verdünnter) Fellfarbe und Hautproblemen zu erforschen.

 

Dr. Daniela Koppenhöfer, eine Veterinärbiologin und Kynologin, beschreibt die CDA und ihre Folgen zusammenfassend folgendermaßen: „Die ersten Symptome treten bei den betroffenen Tieren meist im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren auf. Die CDA ist für das Tier ein permanenter Stressfaktor, der häufig zu Dauerschäden an Herz und Immunsystem führt. Dieser Stressfaktor führt bei einigen Tieren auch zu Verhaltensproblemen, die sich z.B. in Unkonzentriertheit und Hyperaktivität äußern können, was eine mehr oder weniger deutliche Lernbeeinträchtigung in Alltag und Hundeschule zur Folge hat. Auch fällt den Besitzern und Trainern häufig eine deutliche Nervosität im Alltag auf.“

 

Aus diesen (und anderen) Gründen wurde und wird die blaue Fellfarbe problematisch gesehen, was in letzter Konsequenz zur Einstufung der blauen Farbe beim Dobermann als Qualzucht nach § 11b Tierschutzgesetz geführt hat.




Verfasser
Susanne Schmid - Tierärztin IFL e.V.

Quellen
Richarda Theobald-Hoffmann, Dr. Daniela Koppenhöfer